Die Bestimmung Serotons
„Wir sind wir verloren!“, klagt eine leise Stimme.
„Wir schaffen das schon!“, entgegne ich und sehe mich sofort umringt von irritierten Blicken. War ich das gerade?
„Hört, hört! Der Seroton!“, spottet jemand.
„Hat wohl sein Herz für Technik entdeckt!“, stimmt Detox ein.
„Der Andragon soll das machen!“, ruft ein Dritter.
„Andragon hat andere Sorgen“, sagt Behringer, und sofort wird das Stimmengewirr wieder lauter.
„Jetzt bleibt doch ruhig miteinander!“, sage ich. „Der Commander weiß schon, was zu tun ist.“
„Scoopy weiß!“, ruft es von unten: „Der DKI-Scan!“
„Lass gut sein, Scoopy. Den brauchen wir gar nicht“, sagt der Commander. „Ich kenne doch meine Pappenheimer.“ Er schaut mich prüfend an, schaut in die Runde und sagt schließlich: „Ich werde eine Ratssitzung einberufen. Wir müssen eine Lösung finden.“
Allenthalben Raunen, Tuscheln, sorgenvolle Mienen.
„In der Zwischenzeit muss sich jemand um das Kommunikationssystem kümmern. Wir müssen Kontakt zur »Ambassador« aufnehmen und um Beistand bitten.“ Er macht eine Pause und sieht mich mit ernster Miene an: „Seroton! Mach du das.“
Ich zucke vor Schreck zusammen. „Ich soll das machen?“
Ich sehe mich um – lauter fragende Gesichter. Hat er wirklich mich gemeint? „Ich habe davon doch keine Ahnung!“
„Ich weiß, du hältst dich gern heraus, Seroton. Du bleibst gern im Hintergrund, gehst Konfrontationen aus dem Weg. Aber ich weiß auch, dass du ein Teamplayer bist, mit hoher sozialer Kompetenz, dass dir die Crew am Herzen liegt. Und das ist mir jetzt wichtiger als digitale Kompetenz. Sieh‘ zu, wer dich unterstützen soll und mach der »Ambassador« Dampf unterm Hintern!“
Ich falle aus allen Wolken. Ja, kann er das denn ernst gemeint haben? Hat er sich das denn wirklich gut überlegt? „Sir, ich widerspreche nur ungern, aber ich bin mir nicht sicher, Sir, ob ich dafür der Richtige bin.“
„Ich denke, schon“, sagt Behringer und wendet sich ab.
Oje. Er meint es tatsächlich ernst.
Es gewittert in mir; ausgerechnet ich soll mich um technische Probleme kümmern? Prompt blitzen sie wieder auf, die Bilder von meinem jüngsten Debakel, die Katastrophe im »Xenonprojekt«, als wäre es erst gestern passiert. Dabei wollte ich nur helfen. Das Ende vom Lied war ein riesiger Schlamassel. Ich würde lieber die Finger von solchen Sachen lassen, ich und Technik – das geht eh nur wieder schief. Und jetzt soll ich Verantwortung übernehmen?
Ausgerechnet ich?

Mir wird ganz flau im Magen. Am liebsten würde ich mich hier festschweißen und ins Stand-by verkriechen. Andererseits will ich auch der Crew helfen. Aber wenn ich bedenke, was alles schiefgehen kann …
Oje, es wird nicht besser, und gerade bekomme ich es mit der Angst zu tun, da rasselt ein lautstarkes Surren in meine Beine: Es ist Scoopy.
Ein wahres LED-Feuerwerk auf seinem Bildschirm, dreht er eine wilde Pirouette und grinst mich unverfroren an: „Meine Sensoren melden dramatische Stressaktivitäten, mein Lieber. Der Commander hat dich schlichtweg überfallen, nicht wahr?“
Ich nicke zögerlich. Erst jetzt bemerke ich, dass Commander Behringer mich ansieht, als warte er auf eine Antwort.