Neue Zeit des Lernens

„Na toll, noch ein Tool“, sage ich und meine es auch so. „Irgendwann muss man doch mal anfangen und Entscheidungen treffen. Zupacken!“

Der Commander nimmt mich zur Seite. „Wir leben in ungewissen Zeiten, Andragon, nichts ist mehr so wie früher. Und wir alle müssen lernen, mit dieser Unsicherheit umzugehen; wir alle machen Fehler. Auch wenn mir dieser Begriff missfällt. Das Ganze hat vielmehr mit Denkmustern zu tun.“
„Unser MINDSET“, höre ich mich sagen und erinnere die Thematik aus der ersten Setup-Phase. 
Plötzlich starren mich alle von der Crew mit offenen Mündern an, glotzen geradezu. Ich bin irritiert. 
„Na, MINDSET! Schon mal ‘ne heiße Turbine angepackt?“, frage ich in die Runde. 
Keine Reaktion. 
„Echt jetzt, Leute? Sowas weiß man doch!“
„Scoopy weiß!“, pupst es von unterhalb. 

„Scoopy!“, posaunt Detox, „Zeig‘s ihm!“
„Das sind Denkmuster, die uns helfen, schneller Entscheidungen zu fällen und neue Situationen besser einschätzen zu können.“
„Exakt, Scoopy. Auf den Punkt. Besser hätte selbst ich es nicht formulieren können. Und weiter?“
Scoopy schüttelt schüchtern den Kopf – ungewöhnlich, aber perfekt für den Moment: Die Bühne gehört mir.

Der Mindset-Dozent 

„Unser Hirn ist auf Lernen programmiert. Turbine – Heiß! – Autsch! – Finger weg! Ursache und Wirkung, könnte man auch sagen. Hat was mit neuronalen Netzwerken zu tun“, ergänze ich noch. „Aber genug der Worte, ich will euch ja nicht langweilen.“ 
Es funktioniert. 
Ich schaue um mich und genieße diesen Moment, die Bewunderung in ihren Blicken. 
Herrlich! 
Ich gehe ein, zwei Schritte, lassen einen Astra durch den Raum gleiten und fahre wohlwollend fort: „Das mit dem MINDSET ist im Grunde ganz einfach. Je öfter du einen bestimmten Gedanken denkst, desto schneller wirst du diesen bestimmten Gedanken künftig denken – gelernt ist schließlich gelernt. 
Ein Beispiel: Wenn dir ständig eingetrichtert wird, dass du nicht gut in Mathe bist, dann wirst du das irgendwann glauben. Du wirst nicht einmal mehr versuchen, dich anzustrengen, um das zu ändern und besser zu werden.“ 
„Das klingt nicht schön“, murmelt Seroton, mit eingetrübten Linsen.

„Die gute Nachricht: Unser Denken ist formbar. Wir können jederzeit neue Verbindungen in unserem Schaltzentrum ausbilden oder bereits existierende Assoziationen stärken. Klar, beim Menschen sind es natürlich Hirn und Kopf. Aber das Prinzip ist dasselbe. Du selbst bestimmst, wie du die Welt siehst. Was du über dich denkst. Wie du Herausforderungen begegnest. Es sind also nicht eure Fähigkeiten und Kompetenzen, die bestimmen, ob ihr erfolgreich seid. Es ist einzig und allein euer Mindset, liebe Leute!“
„Das ist schön“, säuselt Seroton, die Linsen wieder hell und klar. 

Detonation an Board

Plötzlich kracht es wie eine Bombendetonation und das Raumschiff gerät erneut ins Schlingern. Unruhe kommt auf, einige verlieren an Halt und alle Aufmerksamkeit droht mir zu entgleiten.„Ganz wichtig!“, funke ich dazwischen: „Es gibt zwei Arten von Mindsets: das STARRE MINDSET (FIXED MINDSET) und das FLEXIBLE MINDSET (GROWTH MINDSET)!“ 
Es wird immer lauter, also werde ich auch immer lauter: 
„Menschen mit flexiblem Mindset sehen Fehler als Chance! Sie sind wissbegierig! Um mehr über neue Dinge zu erfahren! Sie sind überzeugt, sich zu entwickeln! Fähigkeiten ausbauen zu können!“ 
Eine erneute Explosion wirbelt alles durcheinander, ich muss schon dagegen anbrüllen: „Menschen mit einem starren Mindset glauben, dass es vom Talent abhängt, ob man etwas kann oder nicht kann. Sie sehen Fehler als Bedrohung.“

„Jetzt halt‘ endlich die Klappe!“, tönt es aus der Menge. „Merkst du nicht, dass es Meteoriten hagelt?“
„Du Schwätzer!“, stimmt ein anderer ein. „Klugschnacken: 93 Prozent!“ – höhnisches Lachen. 
„Herrschaften! Bitte!“, ruft der Commander die Störer zur Räson, „Etwas mehr Lernkultur, bitte!“ 
Er bemüht sich, anderen aufzuhelfen und wieder Herr der Lage zu sein. Na ja. Ich war auch eigentlich durch mit dem Thema, zumindest fürs Erste. 
„Aaaber!“, schickt der Commander noch hinterher, „Recht hat er! Und wer‘s genauer wissen will: Im Logbuch steht alles drin. Da findet ihr alle Infos dazu!“ 

Dann kommt es wie es kommen musste: Zielinsky bricht zusammen – die Pappnase. Der Commander und ein paar andere versuchen ihn irgendwie aufzunehmen und zu tragen – vier Mann, vier Ecken oder so, und alle machen ein großes Gewese um unseren ach so wichtigen Steuermann. Vor allem Seroton kriegt sich gar nicht wieder ein vor Sorge, und Detox macht den Hightech-Guru und ruft immerzu „Defibrillator! Defibrillator! Er muss in die Krankenstation!“ Dann verlassen sie hektisch die Brücke, alle miteinander.

Und im Nu ist plötzlich Ruh!